Wenn die Hütte smart werden soll: Orientierung
Dein Interesse am Smart Home ist geweckt und du hast dich endlich dazu entschlossen deine Hütte smart zu machen? Aber wo fängst du an? Was brauchst du dazu? Wie steuerst du es? Und wie smart ist eigentlich smart?
In diesem und folgenden Artikeln aus der Reihe "Wenn die Hütte smart werden soll" möchten wir dir einen Überblick über die Smart Home Landschaft geben und dir dabei helfen, die richtige Lösung für dich zu finden.
Um die Smart Home Landschaft zu verstehen, stell dir zunächst eine Zwiebel vor:
Sie besteht aus mehreren Schichten, die aufeinander aufbauen.
Die innere Schicht
Hersteller und ihre kleinen Welten
Nehmen wir an, du möchtest eine bestehende Leuchte smart machen, sie also ein- und ausschalten können, oder auch ihre Helligkeiten regulieren, ganz ohne deinen geschundenen Körper unnötiger Bewegung auszusetzen. Du schaust dich auf dem Markt um und entscheidest dich für ein smartes Leuchtmittel, dass du einfach in die bestehende Leuchte einsetzen kannst - z.B. Lampen von Philips Hue.
Philips Hue ist bekannt für ihre bunten, smarten Leuchtmittel. Werfen wir aber mal einen näheren Blick auf das Hue Produktportfolio, so finden wir bei weitem nicht nur Produkte für Beleuchtung, sondern auch schaltbare Steckdosen, Bewegungssensoren oder Sicherheitskameras.
Alle diese Produkte sind Teil des Philips Hue Ökosystems und werden über eine Philips Hue App gesteuert. Philips Hue ist damit ein Beispiel für ein Hersteller-gebundenes Ökosystem.
Es gibt eine Vielzahl solcher Hersteller-gebundenen Ökosysteme und jedes funktioniert immer ein wenig anders. Mal musst du erst ein Konto erstellen, um loslegen zu können, mal geht's auch ohne. Mal funktioniert's ganz ohne Internet, mal geht nichts ohne die Cloud. Mal kannst du Dinge in der App automatisieren, mal nicht. Und manchmal geht nach weniger Jahren auch schon gar nichts mehr, weil das Produkt oder der Hersteller schon wieder vom Markt verschwunden ist.
Es gibt praktisch so viele Ökosysteme wie Hersteller - und ebenso viele Apps. Und hast du nun einen Bewegungssensor von Bosch, aber eine LED Lampe von Philips? Wie schaltest du die Philips Hue ein, wenn dein Bosch sagt, dass er jemanden gesehen hat?
Die mittlere Schicht
Ein bisschen Ordnung
Möchtest du Produkte verschiedener Hersteller miteinander kombinieren, oder aus der Welt der Hersteller-gebundenen Apps ausbrechen, dann helfen dir Protokolle und Plattformen.
Einige wirst du vermutlich bereits gehört haben: Apple HomeKit, ZigBee, Google Home, Z-Wave, Amazon Alexa, Thread, Matter. Doch was ist das alles und welche Rolle spielt das für dich? Ich habe hier schelmischer-weise einfach mal alles wild zusammengewürfelt. Bröseln wir es auf:
Protokolle ermöglichen es dir Produkte miteinander zu kombinieren, die nicht zwangsläufig vom selben Hersteller sind, aber die selbe Sprache sprechen. Für die endgültige Steuerung der Produkte legst du dich auf einen Hersteller fest, der es dir erlaubt Produkte anderer Hersteller zu integrieren. Das machen nicht alle und wenn sie es tun, dann oft nur mit erheblichen Einschränkungen.
Philips Hue, um beim Beispiel zu bleiben, setzt auf ZigBee als Protokoll. Ikea mit seinem TRÅDFRI Lampen ebenso. Besitzt du nun eine Philips Hue Bridge, die Kommunikationszentrale und deine Schnittstelle zu Hue Geräten, dann kannst du hier auch Ikea TRÅDFRI Lampen einbinden - du kannst sie allerdings hierüber nicht aktualisieren oder gleichwertig in allen Hue Integrationen nutzen. Du kannst sie auch nicht mehr mit Ikeas App aktualisieren, da sie nun an die Hue Bridge gebunden sind. Produkte fremder Hersteller sind so oft nur Mitbürger zweiter Klasse.
Zu den Protokollen zählen: ZigBee, Z-Wave, Thread
Dann gibt es noch die Plattformen: Apple HomeKit, Amazon Alexa, Google Home
Plattformen setzen nicht nur eine gemeinsame Sprache für die Kommunikation voraus, sondern sind darüber hinaus auch deine Schnittstelle in dein Smart Home. Sei es die App, die du ansteuerst, um Leuchten ein- oder auszuschalten, die Temperatur zu regeln oder zu schauen, wer gerade Zuhause ist.
Manche Hersteller bauen Geräte, die sich direkt, ohne Umweg, in Plattformen integrieren und darüber steuern lassen. Dabei läuft für dich primär alles über die App der Plattform. Andere bieten nur zusätzlich eine Anbindung ihres eigenen Ökosystems an Plattformen an, die oft über die Hersteller-spezifische Bridge realisiert wird. Dabei bleibt die Hersteller-eigene App als primäre Anlaufstelle für dich bestehen und zusätzlich kannst du sie noch, meist in etwas reduziertem Funktionsumfang, über die App der Plattform steuern. Grundsätzlich gilt: Nicht alle Hersteller integrieren sich in alle Plattformen, oder überhaupt auch nur in eine der Plattformen, da für jede Plattform eine Zertifizierung für das Produkt erfolgen muss.
Die Wahl deiner Plattform richtet sich oft nach dem Ökosystem, in dem du dich mit deinem Smartphone und eventuellen smarten Lautsprechern bereits befindest: Nutzt du iPhones und hast vielleicht auch HomePods daheim? Dann ist HomeKit vermutlich deine erste Wahl. Deine Hütte ist mit Amazon Alexa oder Google Nest Sprechwürfeln zugepflastert? Dann wird's wohl eines dieser beiden werden.
Doch nicht zu voreilig: die Zwiebel hat auch noch eine äußere Schicht.
Zwischenfazit
Was bisher geschah...
Bevor wir uns jedoch der äußeren Schicht widmen, lass uns ein kurzes Zwischenfazit ziehen:
Bewegst du dich nur auf der inneren Schicht, erwartet dich die App-Hölle. Für jedes zweite Gerät greifst du zu einer anderen App. Automatisierung sind gar nicht oder nur eingeschränkt möglich, oder du bindest dich vollständig an einen einzigen Hersteller.
Bewegst du dich auf der mittleren Schicht, dann machen Plattformen dir dein Leben schon spürbar einfacher. Du hast ein einheitliches Interface für dein Smart Home, mehr Möglichkeiten der Automatisierung, kannst Geräte über Sprachassistenten steuern. Die Limits liegen darin, dass nicht alle Hersteller ihre Produkte für alle Plattformen zertifizieren lassen, dass die Möglichkeiten der Automatisierungen immer noch nur rudimentär sind und, dass mit Ausnahme von Apples HomeKit eine ständige Verbindung zur Cloud erforderlich ist. Denn nur HomeKit als Plattform sieht die lokale Steuerung im Smart Home vor.
Die äußere Schicht
Jeder mit Jedem
Kommen wir nun zur äußeren Schicht: Smart Home Hubs
Smart Home Hubs möchten deine zentrale Schnittstelle für alles sein, was du in deinem Smart Home hast. Egal, ob es Geräte aus Hersteller-gebundenen Ökosystemen sind, oder Geräte, die auf ein Protokoll setzen.
Die Philips Hue Lampe schalten, wenn der Bosch Bewegungssensor eine Bewegung erkannt hat und niemand daheim ist? Oder eine Benachrichtigung aufs Smartphone schicken, wenn der Aqara Fenstersensor anzeigt, dass das Dachfenster geöffnet ist, und die Wetterdaten des DWD sagen, dass es anfängt zu regnen?
Alle Daten deines Smart Homes laufen im Hub zusammen und können da nach belieben kombiniert werden. Darüber hinaus integriert sich dein Hub in bestehende Sprachassistenten, in dem es seine Daten, wenn gewünscht, den Plattformen öffnet.
"Hey Siri, Licht Küchentisch auf 40%" - egal ob das Licht über dem Küchentisch nun von Philips Hue, Ikea, Govee, Shelly oder sonstwem ist. Aber eben auch nicht nur "Hey Siri". Sei es das Tablet an der Wand, das Android vom Sohn, das iPhone der Frau oder das CarPlay im Auto: alle diese Schnittstellen führen dich zum selben Hub und den selben Geräten.
Wie funktioniert das? Da Hersteller sich nicht den Hubs anpassen müssen, muss der Hub das meist für die Hersteller erledigen. Das ist eine Menge Arbeit und da gilt ganz besonders "je mehr desto gut": Je größer die Entwickler-Community, desto mehr Hände. Und je offener und einladender eine Community, desto mehr Entwickler.
Wie du an dieser Stelle vielleicht schon gemerkt hast, sind wir in der Frage "Was ist die richtige Lösung" nicht mehr ganz so unbefangen. Mit Smart Homes in den eigenen Hütten, denen von Freunden und Familie, haben wir schon einige Erfahrungen mit den unterschiedlichen Ansätzen sammeln dürfen und können sagen:
Zu 99% der Zeit möchtest du einen Smart Home Hub, 100% der Zeit. 😉
Und welche Smart Home Hubs hast du dabei zur Auswahl?
Es gibt eine ganze Reihe beliebter Hubs, wie Home Assistant, ioBroker, openHAB und viele mehr.
Wir setzen auf Home Assistant. Als eines der aktivsten Open Source Projekte bietet Home Assistant eine weitreichende Unterstützung für Geräte, Protokolle und Plattformen aller Art. Darüber hinaus liegt das Projekt in den Händen der Open Home Foundation, einer Stiftung in der Schweiz, die dir garantiert, dass Home Assistant auch langfristig als kostenfreie und offene Lösung für dein Smart Home bestehen bleibt (wie Andrej hier schon berichtete).
Eine weitere Analogie zur Zwiebel: Je schärfer das Messer, desto weniger Tränen. 😉
Schärfe mit uns dein Wissen zu Smart Home! Folge uns hier, wenn du dich weiter dafür interessiert, wie du deine Hütte smart machst, oder wie sich Matter in die Smart Home Landschaft einfügt.
Wenn dich bestimmte Themen ganz besonders interessieren, lass uns das gerne in den Kommentaren wissen.